24 Frauen, 24 Geschichten

© ARTE

„Es passiert jeden Tag. Jeden verdammten Tag – 24h – sind wir gezwungen, eure Blicke, Beleidigungen und Belästigungen zu ertragen“, sagt die Protagonistin des Kurzfilms „Rote Nacht“ wütend. „Rote Nacht“ ist einer von 24 Kurzfilmen, die 24 Geschichten von 24 Frauen erzählen – 24 Geschichten von Gewalt gegen Frauen. Eine Gruppe von Künstlerinnen aus Europa schrieb die Szenen, inspiriert von wahren Begebenheiten. Du kannst die Filmreihe in der ARTE-Mediathek streamen.

Triggerwarnung: In diesem Artikel und in der rezensierten ARTE-Kurzfilmreihe geht es um psychische, körperliche und sexualisierte Gewalt gegen Frauen. Diese Darstellungen können negative Gefühle und Flashbacks auslösen. Bitte sei achtsam mit dir und überlege dir, ob du dich jetzt mit diesen Inhalten konfrontieren möchtest.


Eindrücklich verdeutlichen die 24 Kurzfilme aus der ARTE-Reihe H24 – 24 Frauen, 24 Geschichten Gewaltformen, mit denen Frauen konfrontiert sind. Die vier- bis fünfminütigen Filme sind kreativ inszeniert, die Texte sind scharf und auf den Punkt gebracht, die schauspielerische Leistung ist ausgezeichnet. Die Inhalte aber sind erschreckend und leider Realität im Alltag von Frauen und Mädchen.

Es passiert jeden Tag und überall

Respektlosigkeit, anzügliche Blicke, anstößige Bemerkungen, Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen, Sexismus, Sexualisierung, Objektifizierung, Diskriminierung, Abwertung, Entmenschlichung, Unterdrückung, Übergriffe, Vergewaltigung bis hin zu Femizid. Ja, Femizid, die Tötung einer Frau. Es ist kein Beziehungsdrama und auch keine Familientragödie, wie manche Medien gerne Gewalttaten an Frauen bezeichnen. Es ist Mord!

Keine Frau und kein Mädchen ist davor geschützt. Es passiert überall: Auf der Straße, an der Bushaltestelle, in der U-Bahn, im Auto, in der Schule, auf der Uni, in der Arbeit, beim Bäcker, im Café, beim Sport, im Club, im Freundeskreis und vor allem zu Hause. So spielen auch die Kurzfilme an vielfältigen Locations oder, besser geschrieben, Tatorten. Sie zeigen Frauen unterschiedlichen Alters und in verschiedenen Situationen. Das einende Element der Szenen: Alle Protagonistinnen sind von Gewaltformen betroffen.

Eine rhetorische Frage

Welche Frau kennt das nicht? Die Antwort darauf lautet: Keine! Denn jede Frau kennt es. Jede Frau weiß, wie es ist, bedrängt, bedroht oder belästigt zu werden. Bedingt durch bestehende Machtstrukturen und Gesellschaftssysteme. Tatenlose Politiker:innen und mangelnde Zivilcourage. Bagatellisierung und Täter-Opfer-Umkehr. Unzureichende Präventionsmaßnahmen und fehlende Konsequenzen.

Auch das veranschaulichen die Filme treffend. Sie richten einen kritischen Blick auf gesellschaftliche Strukturen und werfen dabei folgende Fragen auf: Warum wird es nicht akzeptiert, wenn wir Nein sagen? Warum müssen wir uns Kommentare über unser Aussehen anhören? Warum gibt es Jobs, in denen wir gekündigt werden, weil wir keine 10cm hohen Absätze tragen möchten? Warum werden wir von Polizeibeamten nicht ernst genommen? Warum fällt es vielen Menschen schwer, Zivilcourage zu zeigen? Warum kommen so viele Täter unbescholten davon?

Super Mario

Die Protagonistin des Kurzfilms Mein Täter im Profil spricht mir aus der Seele, als sie, während sie von einem Typen auf der Straße verfolgt wird, sagt: „Wäre dies hier Super Mario Land, könnte ich mich selbst retten. Durch einen Gully-Deckel springen und, ein paar Kilometer weiter, aus einem anderen Gully herausklettern.“

Geht es dir manchmal auch so, dass du dir wünscht, Super Mario zu sein, wenn du nachts alleine auf der Straße unterwegs bist und jemand von hinten immer näher kommt? Leider können wir aber nicht einfach in Gullys verschwinden und um die Ecke wieder auftauchen. So gut sind Technik und Wissenschaft noch nicht. Wir haben auch nicht mehrere Leben, sondern nur das eine. Und das ist häufig in Gefahr. Doch Erfindungen wie Superpowers aus Super Mario sollten gar nicht erst notwendig sein, um uns zu schützen. Es muss sich etwas anderes ändern: nämlich gesellschaftliche Systeme!

Politiker:innen tragen hier die größte Verantwortung, aber alle können etwas dazu beitragen. Der erste Schritt zur Veränderung ist, sich mit der Realität auseinanderzusetzen, diese anzuerkennen und zu reflektieren. Die Kurzfilmreihe von ARTE gibt jedenfalls die Gelegenheit dazu. Also stream dich durch und erzähle davon!

Oft ist es auch leichter als man denkt, Zivilcourage zu zeigen. Indem man zum Beispiel nicht über einen sexistischen Witz lacht, die Polizei ruft, wenn man Zeuge:Zeugin von Gewalt wird, Hilfe anbietet oder auf Hilfsangebote aufmerksam macht. Das Wichtigste ist: Nicht wegschauen!

Mehr dazu?

Falls du dich noch mehr mit dem Thema Gewalt gegen Frauen beschäftigen möchtest, hier ein paar weiterführende Infos:

>> Die Frauenhelpline bietet Rund um die Uhr Hilfe und Rat: 0800 222 555

>> Auch die Frauenhäuser helfen in allen Bundesländern

>> Jedes Jahr vom 25. November (internationaler Tag der Gewalt gegen Frauen) bis 10. Dezember (internationaler Tag der Menschenrechte) nützen Fraueninitiativen weltweit die Tage, um auf bestehende Gewaltformen gegen Frauen hinzuweisen. Unter dem Motto 16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen finden zahlreiche Veranstaltungen und Aktionen statt – von Filmvorführungen bis Vorlesungen, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen, Workshops sowie Demos. Sie sollen auf das Recht eines gewaltfreien Lebens für alle  Menschen aufmerksam machen.

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