Adieu, et cetera!

Ich mach‘ mein Büchlein erstmal zu.
Foto: Spencer Selover auf Pexels.com

Hi, hier Sofie, Chefredakteurin des etc. Magazins. Nach genau zehn Jahren nehme ich Abschied von meinem allerliebsten Onlinemagazin. Freilich, so leicht fällt mir das nicht. Aber man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am Schönsten ist, gell? Ein Abschiedsbrief.


Liebes etc. Magazin, wir zwei wussten schon immer: Der Tag wird kommen. Ich sag‘ dir heut‘ Baba, mit vielen Bussis und viel Liebe und ein bisserl Wehmut auch. Nach zehn Jahren du an meiner und ich an deiner Seite ist es jetzt Zeit, getrennte Wege voneinander zu gehen. Und das ist gut so, weil’s für uns zwei Turteltauben bedeutet, neue Kapitel aufzuschlagen und uns weiterzuentwickeln, jede:r für sich und so.

Vor zehn Jahren bist du mir – um ganz ehrlich zu sein – ein bisserl aufgedrängt worden. Ich hab‘ dich gleich, also wirklich von Sekunde Eins an, super gefunden. Spannend, aufregend, reizend, wahnsinnig viel Potenzial. Aber mich als Chefredakteurin hab‘ ich skeptisch beäugt. War ich davor nie. Hatte ich auch nie geplant. Ja, ich schreib‘ gern. Ja, ich les‘ gern. Ja, ich hab die Kunst- und Kulturwelt Wiens und drumherum immer schon sehr gern gehabt. Aber ein Onlinemagazin leiten? Mit Redakteur:innen zusammenarbeiten, ein gemeinsames Ziel verfolgen, dem eigenen Idealismus und der eigenen Haltung treubleiben und dabei das Organisatorische und Administrative schaukeln? Und ganz nebenbei beruflich tätig sein, nämlich in einem anderen Bereich? „Kann ich das?“, hab ich mich damals, vor genau zehn Jahren, gefragt.

Ja, ich konnte

Ich hab’s geliebt. Die Skepsis vom Anfang war ganz schnell weg. Jahresschwerpunkte setzen, Themen überlegen, schreiben schreiben schreiben. Redaktionssitzungen in Wiener Beisln, Kaffeehäuser, oder auch ab und zu bei uns zuhause. Mit den Redakteur:innen sinnieren, diskutieren, brainstormen, lachen. Damals, als das mit uns beiden ernst wurde, war ich 22 Jahre jung. Meine Güte, ist man mit 22 geil selbstbewusst, scheißt sich nix, legt einfach mal los und kann es sich irgendwie leisten zu schauen, wo einen das Leben so hinmaneuvriert. Mit 22 Jahren hat man keinen Tau vom Leben (mit 32 übrigens auch nicht. Gefühlt noch weniger, wenn ich grad drüber nachdenke), aber eins hatte ich: Spaß. Und Willen.

Was ich wollte: G’schichtln erzählen und goschert sein

Ich wollte dich, liebes etc. Magazin, mit Leben füllen. Das heißt: Mit Geschichten von und über Wiener:innen. Ich wollte, dass sie alle gehört und gesehen werden, wenn sie es wollten. Dass du eine Bühne bist, die uns allen gehört. Das war mir bis heute das Allerwichtigste. Und ich denke, das habe ich geschafft. Was ich nie wollte: Geld aus dir rauspressen. An irgendeiner Stelle in unserer gemeinsamen Laufbahn stand die Frage im Raum, sich selbstständig zu machen, „günstige und kluge“ Partnerschaften einzugehen, Geld reinzubuttern, um später noch viel mehr Geld wieder rauszubekommen. Aber alles, wirklich alles, und ich meine wirklich jede einzelne Faser in meinem Körper, hat sich dagegen gewehrt. Also habe ich „Nein“ zu all dem gesagt. Das haben nicht alle fein gefunden, aber rückblickend bin ich heilfroh, dass mir damals meine Attitüde wichtiger war. Ich wollte kein Mitschwimmen, kein Kleinmachen, keinen Druck, keine künstlerische Freiheitsberaubung. Ich wollte mit dir frei und verspielt und unabhängig und goschert sein. Ich hab’s nie bereut.

Was heute bleibt: Dankbarkeit und grenzenlose Wertschätzung

Liebes etc. Magazin, bei Zeiten hast du mich wahnsinnig gemacht. Wir hatten tiefe Tiefen. Tiefseetauchertiefen. Meeresgrundtiefen. Abgrundtiefen. Ich glaub‘, da haben wir uns gegenseitig nicht in die Augen schauen können. Aber ja eh, wir wissen’s: Das Leben ist kein Ponyhof, und schon gar nicht irgendeine Art von Wunschkonzert. Wir haben uns letztendlich immer zusammengerauft, uns gegenseitig auf die Schulter geklopft, ein bisserl getätschelt, zugezwinkert, Luftbussis zugeschickt und dann: Weitergemacht.

Was du mir auf der anderen Seite in all den Jahren aber geschenkt hast, kann nichts und niemand übertrumpfen: Abgesehen vom logischerweise entstandenen fachlichen Know How waren das vor allem die besten, liebsten, klügsten, stärksten und lustigsten Redakteur:innen, die man sich nur wünschen kann. Ich kann bis heute nicht glauben, dass Leute, die privat miteinander kaum bis gar nix miteinander zu tun haben und nicht unterschiedlicher sein könnten, so überzeugt und willensstark an einem Strang ziehen. Während der letzten zehn Jahre habe ich selten einen so belebenden und motivierenden Teamgeist erfahren. Das macht mich baff, dankbar und stolz.

Es wird mir fehlen, meinem Team an Redakteur:innen beiseite zu stehen. Sie zu begleiten, wenn sie sich stilistisch austoben, ausprobieren, weiterentwickeln. Es wird mir fehlen, „den letzten Blick“ auf Beiträge der Redakteur:innen zu werfen, bevor sie veröffentlicht werden. Es war immer so ein bisserl das aufregende Gefühl, ein wertvolles Geheimnis, etwas ganz Persönliches und Fragiles in Ehren halten zu dürfen – es zu beäugen, zu bestaunen. Ganz vorsichtig und leise. Noch bevor es irgendwer anderer zu Gesicht bekommen darf, bevor es in die große, weite Welt posaunt wird. Und dafür bin ich dankbar. Es war mir wirklich eine Ehre.

Liebes etc. Magazin, danke für dein Vertrauen in mich. Jetzt geb‘ ich die Fackel weiter und verabschiede mich – mit vielen Bussis, viel Liebe und ein bisserl Wehmut auch.

2 Kommentare

  1. Maccabros sagt:

    Viel Glück weiterhin…

    Gefällt 1 Person

    1. Sofie Wünsch sagt:

      Danke dir ❤️

      Gefällt 1 Person

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