
Wie sitzen wir? Einander zu- oder abgewandt, parallel zueinander, zusammen oder einzeln? Nehmen wir, sobald jemand bereits auf einer Bank sitzt, den weitest von der Person entfernten Platz ein? Setzen wir uns daneben? Oder in dem Fall erst gar nicht hin? Und wie sehen soziale Sitzgelegenheiten eigentlich aus? Wien hat eine lange Geschichte der öffentlichen Parkbänke, die sich bis heute durchzieht, aber nicht unverändert geblieben ist. Ein paar Teilaspekten dieser Entwicklung wollen wir uns widmen.
Wir alle kennen sie, die wir in Wien leben: Die guten alten „Otto Wagner“ Bänke. Sie sind in Wirklichkeit nicht sein Design, erinnern aber stark an ihn befinden sich ja immerhin oftmals in der Nähe seiner Bauten. Die Parkbank mit langen Holzlatten, vier zum Sitzen und eine für den Rücken. Klassisch, langlebig und schick. Als „Seele der Wiener“ wurde sie bezeichnet und das Wien Museum hat ihr auch schon eine Ausstellung gewidmet. Doch ziehen dunkle Wolken auf und man hofft, dass die Bank auf der man sich ausruht,unter einem Baum steht, der einem vorm Regen schützt.
Wandel
Wandel ist die einzige Konstante, und das natürlich gilt auch für das Stadtbild. Bänke, Mistkübel, öffentliche Toiletten, Spielplätze, all diese Dinge verändern sich ständig, mal aus technischen Gründen, mal aus ästhetischen. Nicht immer zum Guten, aber auch nicht zum Schlechten. Und so kommt es auch, dass die alten grüngestrichenen Bänke mit dem dunklen Holz oft neumodischeren Bänken mit hellem Holz und silbernen Metall weichen. Sicherlich einfacher zu konstruieren und herzustellen, haben diese Bänke aber auch deutlich weniger Charakter. Ein Kompromiss, der nachvollziehbar wirkt und immerhin sitzt es sich nicht unbedingt schlechter. Eine eindeutige Verschlechterung sind andere, immer öfters auftauchende Gebilde, die unter dem Namen „hostile architecture“ zusammengefasst und erforscht werden
Ungemütlichkeit als Politik
Feindlich gegenüber wem, ist natürlich die erste Frage, die sich einem aufdrängt und natürlich geht es hier wie so oft gegen den Mitmenschen. Homo homini Lupus. Und nicht nur gegen Menschen im Allgemeinen, sondern auch noch gegen die schwächsten und ärmsten der Gesellschaft. Denn die sogenannten „Aufstehilfebügel“, die immer mehr auftauchen, sind nichts anderes als Installationen, um Obdachlosen ja keinen Platz zum Schlafen zu bieten. Neben Bodenstacheln und Lärmmachern nur eine Nettigkeit in Sachen Menschenscheuchen, um die gepflegten Plätze und deren Anrainer:innen nicht mit dem Anblick von armen Menschen zu belasten. Eine andere Spielerart dieser Unmenschlichkeit sind die Stehbänke, die auch immer mehr auftauchen. Bei diesen kann man sich gleich gar nicht mehr hinsetzen, sondern lediglich anlehnen. Das ist leider allzu bekannt und eine logsiche Folge von kapitalistischer Ideologie, „Wer zahlt, schafft an!“ Was viel interessanter ist, ist der ungläubige Reflex einiger Leute, wenn sie denn zum ersten Mal von „hostile architecture“ erfahren und ach, ist dann der Vorrat an Ausreden groß, fast wie unbezahlte PR Aussendungen vom Stadtplanungsamt. „Architektur und Politik?! Undenkbar!“ rufen sie und wiederholen die Mär von der Aufstehhilfe.
Zwang zur Position
Andere seltsame Gebilde sind die zwangssitzgruppen, die nicht nur in der neu konzipierten Seestadt aufgetaucht sind, sondern auch in Ottakring, wie sie etwa entlang der Neulerchenfelderstraße gesehen werden können. Hier stehen Sitze aus Holz und Metall fest mit dem Boden verbunden, gezwungen „lässig“, beieinander, als würde man sich bei einem Kaffee treffen. Dazu noch ein kleinerer Tisch und man darf sitzen. Schlafen kann hier natürlich auch niemand, aber wie nett die Ecken aussehen! Und wieder mal hat nichts mit nichts zu tun und Schelm ist der, der Böses dabei denkt.

Ein Fazit?
Das Fazit bei diesen Beobachtungen muss also eines sein: Ja, auch unsere Sitzkultur ist politisch, nicht zufällig und es gibt auch hier eindeutige Menschen zu deren Leidwesen hier Stadtverschönerung betrieben wird. Anstatt Ursachen, hier die Armut der Menschen, zu bekämpfen, werden Symptome verdrängt. Es gilt also auch hier hinter den ersten Eindruck zu schauen, um Zusammenhänge und Zeichen zu sehen und sich zu fragen, wem gehört denn nun die Öffentlichkeit?
Ein interessanter Ansatz, da viel dazu neigen, alleine möglichst auf einer „freien“ Bank Platz zu nehmen…
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