
Stimmengewirr und Gewusel beherrschen das Foyer des OFF Theaters. In wenigen Minuten werden sechs Schauspieler:innen zum ersten Mal auf der Bühne „NIX“ darbieten – also nicht nix, sondern „NIX“, das neue Theaterstück des E3 Ensembles. Wir waren bei der Premiere. Wer noch dabei war an dem Abend? Ironie, Grunz-Lacher und die großen Fragen des Lebens. Alles über „NIX“ gibt’s hier.
Stimmengewirr und Gewusel beherrschen das Foyer des OFF Theaters mitten im hippsten Bezirk Wiens. Aufregung und Energie tänzeln zwischen herzlichen Begrüßungen und weißen Spritzern durch den Raum. Es ist Premierenabend! In wenigen Minuten werden sechs Schauspieler:innen zum ersten Mal auf der Bühne „NIX“ darbieten – also nicht nix, sondern „NIX“, das neue Theaterstück des E3 Ensembles.
Schräg
Kein Platz ist mehr frei. Das Saallicht geht aus, das Bühnenlicht an. Und dann beginnt ein inhaltlich sowie bildlich schräger Abend. Schräg sind die Posen der Protagonist:innen, die sie einnehmen, während sie sich in weißen Tennis-Outfits mit bizarren Bewegungen über skurrile Themen unterhalten.
Zum Beispiel über die Suche nach den eigenen Augenwürmern. Siehst du auch manchmal kleine Würmer, die vor deinen Augen herumhuschen? Dann weißt du spätestens jetzt: Du bist nicht allein! Auch das E3 Ensemble sieht sie und hat sogar Tipps, wie man seine Würmer am besten spottet.
Schräg ist doch irgendwie auch die Frage „Was würdest du schreiben, wenn du deinen eigenen Nachruf verfassen müsstest?“, bei der eine der Protagonist:innen (Isabella Jeschke) ganz schön ins Grübeln kommt. Wer war man eigentlich? Wem hat man geholfen? Was hat man in der Gesellschaft beigetragen? Oh Gott, was soll man da bitte nur schreiben? Und warum müssen das eigentlich alle toll und bewundernswert finden?
Schnell wird mir klar: So schräg und abwegig manche Gesten, Gefühlsausbrüche und Themen, die auf der Bühne aufgeworfen werden, zunächst scheinen, sind sie gar nicht. Sie spiegeln gelungen unsere groteske Gesellschaft wider.
Grunz-Lacher
Vor allem unsere Gedanken und Gespräche verhalten sich eigen. Sie kreisen permanent. Zunächst um das Eine, dann um das Andere. Sie verpuffen, poppen plötzlich wieder auf und drehen sich wie wild. Manchmal so sehr, dass man ganz verwirrt wird. Und am Schluss bleibt oft… nix.
Das Stück „NIX“ ist aber definitiv nicht nix! Es veranschaulicht humoristisch unsere verdrehte Gedanken- und Gefühlswelt und wirft die großen Fragen des Lebens auf: Von Freundschaft über Glaube, Neid, Hoffnung, physikalische Theorien bis hin zum Tod, Doch alles mündet letztendlich in der ermüdenden Sinnlosigkeit.

Foto © Claudine Bersi
Musikalisch untermalt von Gesang, Kontrabass (Antonia Dering) und Saxophon (Anna Tsombanis) sinnieren, reflektieren und philosophieren die Schauspieler:innen performativ über unsere Existenz sowie unser komisches Denken und Handeln.
Sie diskutieren hitzig und verlieren sich in Frage-Antwort-Gegenfrage-Gefechten. Und kommen doch am Ende zu… nix. Mit viel Ironie, vollem Körpereinsatz und bemerkenswerter schauspielerischer Leistung bringen sie das Publikum in diesen guten 90 Minuten Darbietung zum Nachdenken und zum Lachen.
Ich lache zwar nicht immer mit, denn auch wenn ich Humor liebe und ehre, bei Themen wie Selbstmord und Flucht können sich meine Mundwinkel einfach nicht nach oben bewegen. Für mich gibt es auch in der Satire klare Grenzen. Doch das Gelächter ist zwischendurch so intensiv, dass ich sogar einige Grunz-Lacher vernehme. Wenn das nicht der ultimative Beweis für einen hohen Unterhaltungsfaktor ist!
Eh alles wurscht
Das Stück serviert viel Futter, an dem meine Gedanken auch nach dem tobenden Applaus noch weiternaschen wollen. Der geistige Input ist immer schön, nach so einem sophisticated Theaterabend.
Während meines Heimweges begleiten mich also Überlegungen á la: Am Anfang war das Chaos, dann kam der Urknall und was ist jetzt? Wie verrückt ist die Menschheit? Wie gut hat Rina Juniku bitte die Ente, die im Donaukanal gegen den Strom schwimmt, performt? Ich hätte im Physikunterricht mehr aufpassen sollen. Ich muss die Relativitätstheorie nochmal googeln. Was würde ich in meinem Nachruf schreiben? Naja, ist nicht am Ende eh alles wurscht?
Uraufführung von „NIX“, E3 Ensemble
am 21.4.2022, im DAS OFF THEATER
Mit: May Garzon, Isabella Jeschke, Rina Juniku, Gerald Walsberger
Musik: Antonia Dering, Anna Tsombanis
Dramaturgie: Thomas Bischof
Kostüm/Ausstattung: Pia Stross
Künstlerische Beratung: Susanne Brandt
Koproduktion: E3 Ensemble/DAS OFF THEATER