Ausrasten

„Ausrasten“ von Christopher Wurmdobler, erschienen im Czernin Verlag

Was haben eine misanthrope Tierärztin, ein polyamoröser Polizist, eine arrogante Galeristin, ein Schwein namens Mathilda und eine Bobo-Familie gemeinsam? Zunächst nicht viel, wie es scheint, außer, dass sie alle in Wien leben und ein wenig skurril sind. Aber wie es oftmals so ist, hängt alles am Ende doch irgendwie zusammen. Christopher Wurmdobler hat es mit seinen erquickenden Kurzgeschichten aus Wien geschafft, meine Mundwinkel wild und ausgelassen tanzen zu lassen. Wenn du Wien, Lesen und Lachen liebst, kann ich dir das Buch „Ausrasten“ von Christopher Wurmdobler wärmstens empfehlen.


Wonach suchst du dir deinen Lesestoff aus? Best-Seller-Listen? Empfehlungen von intellektuellen Freund:innen? Oder schlenderst du durch Buchhandlungen und lässt dich inspirieren? Bei Ausrasten von Christopher Wurmdobler war es bei mir Letzteres. Als ich vor einem bunten Büchertisch stand, sprang mir das Cover gleich ins Auge: Eine coole Illustration vom Riesenrad und eine Gondel, die vom Rad abgefallen ist und auf den Titel „Ausrasten“ zusteuert. Erzählungen aus Wien. Sofort war meine Leselust aktiviert.

Ein wirklich erfreulicher Zufall. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nämlich den Autor Christopher Wurmdobler noch nicht auf meinem Leseratten-Radar. Und da ist mir einiges entgangen, wie sich später beim Lesen des Buches herausstellte. Denn der Autor hat es mit seinen erquickenden Kurzgeschichten aus Wien geschafft, meine Mundwinkel wild und ausgelassen tanzen zu lassen. Danke, lieber Herr Wurmdobler!

A bissal grantig, aber immer mit an Schmäh

Die Geschichten sind nicht nur kurz und knackig, sondern vor allem kurzweilig und unterhaltsam.  Und die Protagonist:innen von „Ausrasten“ sind wienerisch vom Feinsten: A bissal grantig, aber immer mit an Schmäh und deshalb doch liebenswert. Eine misanthrope Tierärztin, ein polyamoröser Polizist, eine arrogante Galeristin, ein Schwein namens Mathilda, eine Bobo-Familie und zahlreiche mehr. Zunächst scheinen sie nicht viel gemeinsam zu haben, außer dass alle in Wien leben und ein wenig skurril sind. Aber wie es so ist, hängt alles am Ende doch irgendwie zusammen. Außerdem, Wien ist bekanntlich ein Dorf, in dem jeder jeden kennt.

Christopher Wurmdobler, „Ausrasten“ © Czernin Verlag

Schauplatz der Erzählungen ist also unser geliebtes Wien: Die schicke Innenstadt mit ihren Galerien und Theatern, moderne Dachgeschosswohnen im neunten Bezirk, schmuddelige WGs, Altbauwohnungen mit knarrenden Parkettböden, Villen in Döbling Bling, die Jubiläumswarte, ein karminroter Porsche Cayenne oder ein Altkleider-Container. Mit seiner bildhaften Sprache gibt Wurmdobler szenische Einblicke in das Leben seiner Figuren an diesen verschiedenen Orten. Auf einer Handvoll Seiten erfahren wir nicht viel über die Protagonist:innen, und doch hatte ich das Gefühl, sie zu kennen und entwickelte Neugier, noch mehr über diese Menschen zu erfahren, sie weiterhin in ihrem Leben zu begleiten.

Ein Bobo-Familie, wie sie im Buche steht

Ja, ein paar Klischees sind dabei, aber in den meisten Klischees steckt auch ein Fünkchen Wahrheit, oder?

„Sie waren ein Akademikerinnenhaushalt. Freitag-Taschen tragende Bobos mit Falter-Abo am Mittwoch, original Ronald-Rainer-Stadthallen-Sesseln am langen Esstisch aus Donau-Schwemmholz, und das Biokistl stand verlässlich donnerstags vor der Tür. Früher kauften sie ihr Brot beim Joseph, jetzt beim Öfferl. Früher wählten sie Grün, neuerdings wieder SPÖ. Früher saßen sie am Naschmarkt, jetzt meist am Yppenplatz. Und irgendwann wurden die alten Filmplakate hochwertig gerahmt.“

aus: Christoph Wurmdobler, „Ausrasten“

Oaschgegend

Das Schmunzeln machte jedenfalls 90 Prozent meiner Lesezeit aus, bis dieser Schock kam: Wie kann man den neunten Bezirk als „Oaschgegend“ bezeichnen? Meine Bestürzung wurde dann allerdings durch ein paar interessante Theorien wettgemacht. Ich habe zum Beispiel erfahren, warum der Gaydar heutzutage nicht mehr so gut funktioniert. Ein paar verrückte Dating(-App)-Geschichten von weirden Dates kommen nämlich auch in „Ausrasten“ vor – gehören ja heutzutage auch irgendwie dazu … Who cannot relate?

Aber was hat das alles mit dem Wort „Ausrasten“ zu tun, fragst du dich jetzt vielleicht? Geht es überhaupt um ausrasten oder ausrasten? Also entspannen oder ausflippen? Oder beides? Tja, dazu musst du schon selbst das Buch lesen. Denn wie immer gilt bei Büchern, Filmen und Serien: Pssst, bloß nicht zu viel verraten! Diese fiesen Spoiler rauben uns Adrenalin-Kicks, die Freude an der Spannung, unsere Fantasie und Kreativität. Das will ich dir nicht antun.

Die Moral von den Geschichten

Eins kann ich dir aber noch verraten. Die Emotionen brodeln bei den Protagonist:innen und manchmal kochen sie irgendwann hoch. Und die Moral von den Geschichten für mich: Das Leben ist voll von spannenden Begegnungen. Wir könnten netter zu unseren Mitmenschen sein, auch wenn wir Wiener:innen sind bzw. in Wien leben. Humor macht alles besser. Und ich sollte mehr von Christopher Wurmdobler lesen.

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