
2020 haben die österreichischen Drehbuchautorinnen Malina Nwabuonwor und Marie Noel ein gemeinsames Schreibkollektiv gegründet. Ihr Ziel: Filme und Serien mit komplexen Schwarzen Protagonist:innen auf große und kleine Bildschirme zu bringen. Mit uns sprechen sie über das Handwerk des Skript-Writings, eine sich rasant wandelnde Filmbranche, und eine vielversprechende “Harry Potter” Spin-off Idee.
Zwei Teenager tauschen scheue Blicke, schicken sich spätnächtliche Whatsapp-Nachrichten, halten heimlich Händchen. Szenen adoleszenter Liebe hat uns das österreichische Kino schon des Öfteren gezeigt, aber nur in den seltensten Fällen sind die Protagonist:innen People of Color, und Schwarze Queerness ist im heimischen Film ohnehin ein Jahrhundertereignis. In dem Short “Freed Nature” erzählt die Drehbuchautorin Marie Noel mit unverhaltener Zärtlichkeit von dem Gefühlschaos zwischen Malia und Nola, und illustriert dabei, wie gegensätzlich die familiären und kulturellen Erwartungen sind, mit denen die beiden heranwachsenden Frauen konfrontiert sind.
Zwei junge Filmschaffende rütteln an festgefahrenen Sehgewohnheiten
“Das ist unser Anliegen: weibliche Schwarze Rollen zu zeigen, die mehr als nur eine Hautfarbe sind”, sagt Marie Noel. 2020 hat sie gemeinsam mit der Drehbuchautorin Malina Nwabuonwor das Schreibkollektiv Melanin Scripts gegründet. Ihr deklariertes Ziel ist es, “eine Welle neuer Stoffe in die deutschsprachige Filmszene zu bringen”. Mit der Umsetzung dieser Vision haben die beiden schon längst begonnen.

Sophie Lenglinger (als Malia) in „Freed Nature“
© suna films
Nwabuonwors und Noels Lebensläufe wären beachtenswert für Künstler:innen am Mittelpunkt ihrer Karrieren, für zwei Filmemacher:innen um die dreißig sind sie außerordentlich. Malina Nwabuonwor, Oberösterreicherin mit nigerianischem Vater, aufgewachsen in einem kleinen Dorf, wurde schon für ihr Bachelor-Abschlussdrehbuch “Tobias” über einen verlorenen Teenager, der in die rechtsradikale Szene abrutscht, für den renommierten First Steps Award nominiert. Heute ist sie unter anderem in Wien und Berlin als Drehbuchautorin, Dramaturgin und Script Advisor tätig, letzteres zum Beispiel bei Stefan Ruzowitzkys Thriller “Hinterland”. Marie Noel, eine multilinguale Wienerin mit kongolesischen Wurzeln, arbeitet als Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin. Ihre Credits inkludieren nationale und internationale Film-, Fernseh- und Theaterprojekte, von “Copstories” über “Tatort Wien” hin zu Jessica Hausners Sci-Fi-Drama “Little Joe” und den berühmt-berüchtigten “Vagina Monologues” am Ateliertheater.
Müsste man die Stimmung zwischen der schnellsprechenden, freigiebig lachenden Marie Noel und der nachdenklich schmunzelnden Malina Nwabuonwor in einem Wort beschreiben, es wäre: ungezwungen. “Wenn’s ein Tinder gäbe für Drehbuchautoren, dann hätte es bei uns auf jeden Fall richtig gut gematcht”, sagt Marie Noel. Das Schreibkollektiv bietet den beiden Künstlerinnen nicht nur Raum für kreativen Austausch. Gemeinsam ist es auch leichter, den administrativen und finanziellen Hürdenlauf zu absolvieren, der zwischen einem Drehbuch und dem fertigen Film liegt. Ein grober Referenzwert: laut The Atlantic werden in den USA jährlich ca. 50.000 Scripts registriert, nur etwa 150 davon schaffen es in ein Hollywood-Produktionsstudio.
Zwischen Autobiografie und Fiktion
So organisch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Künstlerinnen ist, so konträr sind ihre kreativen Herangehensweisen. “Meine Inspiration kommt aus meinem eigenen Leben”, so Marie. “Ich bin umgeben von sehr starken und inspirierenden Persönlichkeiten. Allgemein habe ich Sachen erlebt, mit denen sich jeder Mann oder Frau identifizieren kann, ohne es auf meine Herkunft zu reduzieren, und die Geschichten möchte ich erzählen. Wir nehmen also das ganze Fundament auseinander und kreieren daraus eine ganz neue Geschichte”, beschreibt Marie den gemeinsamen Schaffensprozess. Aktuell beruht ein Großteil der Melanin Scripts-Stoffe auf realen Charakteren und Erlebnissen aus Noels Umfeld.
Im Gegensatz dazu hat es Malina Nwabuonwor nicht so mit den autobiografischen Storylines. “Ich hatte bisher noch keinen Stoff der völlig autobiografisch war, und ich sehne mich auch nicht unbedingt danach. Wenn ich über jemanden schreiben würde, der Skirennfahrer ist zum Beispiel, dann glaube ich nicht dass ich dasselbe erlebt haben muss. Aber es gibt irgendeine Emotion im Charakterbogen dieser Figur, an die ich anknüpfen kann.” Diese Methode half ihr auch bei der Arbeit an “Tobias”, ein Skript, das in der First Steps Jury-Begründung als “einfühlsam” gelobt wurde. “Ich glaube an das Gute im Menschen, und ich finde es spannend sich an antagonistische Figuren heranzuschreiben. Bei ‘Tobias’ geht es um einen Jungen, der ins rechtsradikale Mileu schwankt, und da wollte ich herausfinden, was ist mit ihm los, aber ich fands auch einen sehr anstrengenden Prozess.” Was sie mit ihrem damaligen Protagonisten verband war “ein Gefühl von Einsamkeit, und das können wir gemeinsam fühlen, auch wenn wir sonst sehr konträr sind”.
Noels und Nwabuonwors künstlerische Perspektiven ergänzen sich perfekt: “Manchmal bin ich sehr auf Struktur bedacht, ich erforsche aber auch sehr gerne Figuren. Marie ist unglaublich gut mit Charakteren und mit Schmäh”, sagt Malina Nwabuonwor. Marie Noel stimmt ihr nickend zu. “Wir haben so ein Ping Pong Spiel, es werden Ideen und Charaktere in einen Topf geworfen und es fließt auch richtig angenehm, und dadurch kommen wir von A bis Z.” Und der Erfolg gibt ihnen Recht. “Freed Nature” wurde 2021 beim “Black Reels Film Festival” in Berlin gezeigt, und die Publikumsreaktionen bringen Marie Noel noch heute zum Strahlen. “Was mich am meisten gefreut hat, ist dass so viele vor allem BPOC Menschen mir geschrieben haben, dass sie es so schön fanden sich auf der großen Leindwand repräsentiert zu sehen – eine Geschichte erzählt zu bekommen, die nichts mit Stereotypen zu tun hat.”

Foto © Ina Aydogan
“Man kann nicht alles alleine machen”
Beide haben früh erkannt, dass es entscheidend ist, gleichgesinnte Kooperationspartner:innen und Mentor:innen zu finden, und auch das eigene Know-how weiterzugeben. Marie Noel gründete 2014 die Plattform “Schwarze Filmschaffende”, auf der BPOC Filmemacher:innen, die im deutschsprachigen Raum tätig sind, netzwerken. Malina Nwabuonwor ist seit vielen Jahren Teammitglied des interkulturellen Drehbuchentwicklungsprogramms “Diverse Geschichten”.
Bis vor Kurzem saß Nwabuonwor auch noch im Writers’ Room für “Sam – Ein Sachse”, eine sechsteilige Disney+ Drama-Miniserie über Samuel Meffire, den ersten Schwarzen Polizisten der DDR. “Das war eine irrsinnig spannende Zusammenarbeit, erstens weil ich sehr viel lernen konnte was dramaturgisches Handwerk angeht, aber auch weil es so coole spannende Leute waren.” Auch Marie Noel weiß, wie essenziell ein funktionierendes Team ist. “Es ist sehr wichtig, Menschen um dich zu haben, die an dein Projekt glauben, und die wirklich auch teilhaben wollen. Man kann nicht alles alleine machen, man muss Menschen finden, denen man vertrauen kann.”
Wenn die Rahmenbedingung nicht passen, dann rät Marie Noel dazu, auch mal nein zu sagen. “Es gab schon Momente, wo ich mir gedacht hab: Möchte ich jetzt mit dieser Person arbeiten nur um etwas zu machen, oder lass ich mir lieber etwas mehr Zeit mit dem Stoff und hoffe, dass da jemand auf mich zukommt, wo ich genau weiß, da muss ich mir keine Gedanken machen, dass meine Stimme oder Geschichte zu kurz kommt.”
Das Drehbuch: Poesie meets Praktikabilität
Außer für Filmnerds, und für etwa fünf Minuten bei der jährlichen Oscar-Verleihung, stehen Scripts und deren Schöpfer:innen im Showbusiness üblicherweise in zweiter Reihe. Malina Nwabuonwor hat aber ohnehin einen sehr pragmatischen Zugang zum Schreiben. Sie sieht “das Drehbuch auch als Handwerk, es ist ein Dokument an dem sich Regie und Produktion orientieren können.” Obwohl es ihr wichtig ist, dass Scripts auch stilistisch schön formuliert sind – besonders gelungen findet sie Paul Schraders “Taxi Driver” – sollte sich das Drehbuch im Idealfall im Film “auflösen”. Wenn das nicht klappt, dann „rascheln die Seiten“ – Filmjargon für Drehbuch-Dialoge, die “sehr geschrieben” klingen.

Foto © Lea Katharina
Aber fällt es ihr wirklich überhaupt nicht schwer, ihre eigenen Worte und Figuren in die Hände der Regie zu legen? Nwabuonwor schüttelt lächelnd den Kopf. “Ich hatte noch nie das Problem loszulassen. Wenn man einen Film macht, stecken alle so viel Energie und Zeit rein. Es wollen alle das Beste für den Stoff.” Außerdem, obwohl manche Regisseur:innen zu konkrete Regienanweisungen nicht schätzen, haben Autor:innen durchaus die Möglichkeit, ihre eigene Vision in das Skript zu integrieren. “Ich versuche das zu suggerieren indem ich zum Beispiel schreibe, ‘ihre Wange glänzt schweißnass’, dann weiß man, die Kamera muss so nah sein, dass man den Schweiß auf ihrer Wange sehen kann.”
Die Filmbranche in Zeiten von BLM, Time’s Up und Netflix
Im Jahr 2021 müssen selbst die letzten Realitätsverweiger:innen erkannt haben, dass wir ein Jahrzehnt des sozialen und technologischen Umbruchs erleben. Die Filmbranche muss ihre Adaptionsfähigkeit gleich in mehrfacher Hinsicht beweisen: Black Lives Matter, das bereits 2013 ins Leben gerufen wurde und 2020 durch den Mord an George Floyd auch endlich globale Unterstützung erhielt, die Me Too-Bewegung, und die durch den Pandemie-bedingten Lockdown weiter gewachsene Dominanz von Streamingplattformen rütteln an längst überholten Machtstrukturen der Filmindustrie.
Doch tiefgreifende Veränderung passiert, wie das meistens der Fall ist, nur schleppend. Das Österreichische Filminstitut (ÖFI), die größte Filmförderungseinrichtung des Landes, hat seit seiner Gründung im Jahr 1981/82 schlappe 69 im Kino gezeigte Filme gefördert, die entweder von Regisseur:innen mit Migrationshintergrund inszeniert wurden oder “Diversity-relevante” Inhalte thematisieren. Zum Vergleich: Allein im Jahr 2020 erteilte das ÖFI Förderzusagen für die Produktion von 30 Kinofilmen. (Darüber hinaus fördert das ÖFI unter anderem auch Stoffentwicklung, Festivalteilnahmen, und Weiterbildungen). Laut eines Statements im jährlichen Tätigkeitsbericht ist “die Repräsentation aller in Österreich lebende[r] Menschen” ein zentrales Ziel des ÖFI. Und tatsächlich ist positiv anzumerken: der Anteil der in der Sparte “Diversity” angeführten geförderten Filme ist zwar klein, wächst aber stetig. Es ist gut, dass man heutzutage leuchtende Beispiele einer diverseren österreichischischen Filmlandschaft aufzählen kann. Noch besser wäre es allerdings, wenn man diese Beispiele nicht mehr an zwei Händen abzählen könnte.
“Was für einen Alltag erlebt ihr? Weil mein Alltag ist ganz anders.”
Marie Noel
Die Krux ist, wie Marie Noel es erst kürzlich in der Ö1-Sprechstunde auf den Punkt gebracht hat, dass “Österreich gar nicht weiß, was Diversität bedeutet”. Die beiden Filmemacher:innen sind überzeugt, dass nicht die Publikumsvorlieben für mangelnde Vielfalt verantwortlich sind, sondern festgefahrene Strukturen in einer über Jahrzehnte gewachsenen deutschsprachigen Film- und TV-Branche. “Wenn ich an lineares Fernsehen denke, dann hör ich ganz oft das Argument ‘das Publikum will das und das’ oder ‘das Publikum ist in dem Alter und möchte das und das sehen’”, erzählt Malina Nwabuonwor. “Und da hab ich die Erfahrung gemacht, dass man das Publikum unterschätzt, also zum Beispiel meine Oma ist 80 und würde unglaublich gern Maren Ade im Fernsehen sehen. Und was jetzt die Kinofilme oder Streaming betrifft, glaub ich kommt gerade sehr viel, das ich sehen möchte, aber das ist ein Prozess aus den letzten Jahren. Ich glaube man kann den Zuseher:innen mehr zutrauen und muss nicht immer Sehgewohnheiten wiederholen.”
Vorurteile gegenüber der Rentabilität von neuen Storylines sind den beiden nicht neu. “Das Argument, dass man sich mit einer Schwarzen weiblichen Hauptfigur weniger identifizieren kann, weil die Leute selber nicht Schwarz sind etc., das kam schon des Öfteren”, sagt Malina Nwabuonwor. “Ich glaube, man kann sich mit jeder Figur identifizieren, ich kann mich ja auch mit einem weißen Mann identifizieren in einem gut geschriebenen Film.” Als Schauspielerin hat Marie Noel ähnliche Erfahrungen gemacht. “Die Rollen, die mir zugeschickt worden sind, waren immer sehr stereotypische Rollen, und wenn man das anspricht, dann heißt es immer ‘aber man kennt eine Schwarze Person nicht anders’, oder sie wird so dargestellt ‘wie man sie vom Alltag kennt’, aber dann denk ich mir immer: Was für einen Alltag erlebt ihr? Weil mein Alltag ist ganz anders.”
Oh mein Gott, es gibt Rassismus?
Künstler:innen of Color werden vor allem seit der starken medialen Präsenz von Black Lives Matter vermehrt um Statements gebeten, aber nicht selten beinhalten diese Anfragen die implizite Forderung als kollektives Sprachrohr zu fungieren, inklusive Gratis-Aufklärungsarbeit. Wie gehen Nwabuonwor und Noel mit diesem Dilemma um? Schwierige Frage, meinen die beiden. “Ich fühl mich nicht in der Lage, für alle zu sprechen. Ich kann nur sagen, was meine Meinung ist, was ich wichtig finde, was ich denke, was mir passiert ist – wenn ich das teilen möchte,” so Nwabuonwor. “Grundsätzlich find ich es toll, dass es jetzt diesen Raum gibt, den es schon lange hätte geben sollen, und Menschen sollten sich auch selbst informieren. Ich find’s auch gut, dass das anscheinend jetzt für Firmen wichtiger erscheint, solche Stoffe zu produzieren, weil da jetzt auch einfach Geld drinnen steckt, und dann hoff ich auch, dass es den Leuten wirklich wichtig ist, und nicht nur wegen der Kohle.”
Marie Noel sieht das ähnlich. “Was ich problematisch finde, ist, dass das Thema Diversität und Rassismus vor allem seit der Black Lives Matter Demo so präsentiert worden ist als wär’s was Neues, und jetzt wird allen klar, Oh mein Gott, es gibt Rassismus! Weil für sehr viele von uns ist das etwas, was man als Kind mit dem Löffel gefüttert bekommt: aufpassen, und immer schön höflich bleiben, und nicht auffallen. Deshalb hoffe ich, dass die Leute sich des Themas bewusster werden und es langfristig auch Veränderung schafft.”
10 von 58
Wikipedias Liste bedeutender österreichischer Drehbuchautor:innen enthält 58 Namen, davon sind zehn weiblich. Mit Melanin Scripts tragen Nwabuonwor und Noel also auf mehreren Ebenen zu mehr Stimmenvielfalt in einer über Jahrzehnte stark männlich geprägten Kunstsparte bei. Damit sind sie auch Teil eines globaleren Wandels. In Hollywood ist das Multitalent Lena Waithe eine der nachgefragtesten Autor:innen und Produzentinnen, die Britin Michaela Coel gewann erst kürzlich einen Emmy für ihre hochgelobte Limited Series “I May Destroy You”, und die deutsche Regisseurin und Drehbuchautorin Maren Ade erhielt für ihren Spielfilm “Toni Erdmann” (2016) Oscar- und Golden-Globe Nominierungen.
Die Glaubwürdigkeit von Plotlines, Figuren und Szenen erwächst oft aus dem Detail: aus der Art und Weise, wie jemand grüßt, welchen Kaffee sie bestellt, oder wie er eine Zigarette raucht. In Malina Nwabuonwors Skript “Tobias”, leitet sie eine Szene so ein: “Vor Tobias Haus – Aussen / Nacht. Durch die hellen Vorhänge des großen Wohnzimmerfensters erahnen wir die Umrisse von Tobias‘ Mutter Susanne und ihrem Freund Hannes, die sich liebkosend im Tanzschrit drehen. Ihnen ist nicht bewusst, dass sie einen Beobachter haben. In der Einfahrt des Hauses, auf seinem Moped, sitzt Tobias. Er hat seinen Helm im Schoß liegen und blickt mit grantigem Gesicht zum Haus. Er setzt seinen Helm wieder auf. Mit lautem Motorradknattern fährt er davon.”
“Film/Fernsehen hat eine irrsinnige Kraft, und wenn ich in dieser Branche arbeiten darf, dann möchte ich auch unbedingt etwas nachhaltig verändern.”
Malina Nwabuonwor
Es geht um die Authentizität eines Filmstoffs, und für die kann es laut laut Nwabuonwor entscheidend sein, welche Lebensrealitäten die Autor:innen im Writers’ Room kennen – oder eben nicht. Manche menschliche Erfahrungen sind universell, aber bei weitem nicht alle. “Bei einer Serie, wo Schwarze Menschen in den Hauptrollen sind, stellt man Schwarze Autor:innen ein, oder bei einer Serie wo Frauen in den Hauptrollen sind, stellt man Frauen ein. Man kann dann sehr spezielle, kleine Erfahrungen eher einspeisen, das sind oft wirklich Nuancen.”

Foto © Folashade Lena
Eine überraschende Harry-Potter Spin-off Idee
Filme und Serien haben die Macht, gesellschaftliche Veränderungen mit voranzutreiben. “Es ist auch ein Vorsatz von uns beiden, dass wir absichtlich solche Stoffe machen wollen,” sagt Malina Nwabuonwor. “Film/Fernsehen ist ein Medium, das eine irrsinnig Kraft hat, und wenn ich in dieser Branche arbeiten darf, dann möchte ich auch unbedingt etwas nachhaltig verändern. Und ich glaube zum Beispiel, hätte es in meiner Kindheit im Film/Fernsehen mehr BPOC Figuren gegeben, dann hätte man viel mehr als gegeben/normal verstanden. Ich hab das Gefühl, dass jetzt Jugendliche im Fernsehen und auf Social Media Zugriff haben auf die ganze Welt und auch auf Themen wie Feminismus, Black Lives Matter, Queer Community – und dass da viel mehr besprochen wird, und man sich mehr traut mit diesen Themen umzugehen.”
Malina Nwabuonwor und Marie Noel haben ehrgeizige Pläne. Einige Drehbücher aus der Melanin Scripts Werkstatt sind gerade im Pitch- oder Development-Stadium, und deshalb vertraulich. Noels dritter Kurzfilm “Mundele zum Abendessen” liegt gerade im Schnitt, und Disney+ “Sam – Ein Sachse” ist ebenfalls in Pre-Production. Langfristig können sich die beiden Filmemacherinnen vorstellen, auch außerhalb des deutschsprachigen Raums zu arbeiten.
Apropos: Was halten die beiden eigentlich von dem internationalen Trend zu re-imaginierten Stoffen à la Disneys neuer “Cruella” Adaption? Marie wehrt entschieden ab, “es ist doch viel interessanter, neue Geschichten zu erzählen”, sagt sie. Nur für eine einzige Wunschrolle würde die Schauspielerin eine Ausnahme machen: die blutrünstige Bellatrix Lestrange aus “Harry Potter”. Es ist als Witz gemeint, aber wer den Arbeitsethos der beiden Filmemacherinnen hinter Melanin Scripts kennt, hält weniges für unmöglich.